So sehen wir betroffen...
...der Vorhang zu und alle Fragen offen. Die ersten zwei Runden sind vorbei, ohne das man guten Gewissens Prognosen über den Ausgang des ganzen wagen könnte. Ein wenig Fazit und Ausblick soll dann aber doch sein.
Erfahrung, Wandel und der kleine Mann: der demokratische Dreier
Es bleibt spannend bei den Demokraten.
Hillary Clinton konnte sich von ihrer Niederlage in Iowa erholen und landete ein vielumjubeltes Comeback in New Hampshire. Vor zwei Wochen noch wäre ein Drei-Prozent-Vorsprung gegenüber Barack Obama bestenfalls als Unentschieden gewertet worden, nachdem ihr aber die US-Medien den Gefallen taten, ihre Niederlage in Iowa zur Katastrophe aufzublasen und teilweise bereits über Zeitpunkt und Umstände ihrer Aufgabe zu spekulieren, konnte sie im "Expectations Game" einen psychologischen Sieg davontragen. Am 15.1. wird sie in Michigan einer ganz besonderen Aufgabe gegenüberstehen. Auf dem Wahlzettel werden neben ihr lediglich Mike Gravel und Dennis Kucinich stehen. Die anderen noch im Rennen befindlichen Demokraten haben sich, gemäß dem Wunsch des Democratic National Committee, zurückgezogen. Da dieses Michigan sämtliche Delegierten gestrichen hat, geht es hier nur um die goldene Ananas, möchte man meinen. Aber weit gefehlt: Einerseits kommt Michigan als erstem großen Staat eine gewisse Signalwirkung zu. Vor allem aber hat die Convention das Recht, Michigans Delegierte (immerhin 128) wieder zuzulassen, auch wenige Stunden vor der Kandidatenkür. Und so werden Obama- und Edwards-Anhänger für die Option "unpledged" stimmen, also ungebundene Delegierte entsenden, die dann, so die Hoffnung der beiden, im Zweifel zu ihren Gunsten entscheiden würden. Und da die beiden in diesem Fall zwangsläufig zusammenarbeiten, könnte es sein, dass der Sieger bei den Demokraten in Michigan "unpledged" heisst. In Nevada und South Carolina muss sie nicht gewinnen, sollte sich aber keine erheblichen Rückstände auf Obama einhandeln. Gelingt ihr das, dürfte sie in Florida gut abschneiden und damit eine gute Basis für den Super Tuesday schaffen. Dort wird die demokratische Nominierung voraussichtlich entschieden und ihre Ausgangslage ist immer noch hervorragend.
Barack Obama hat eine wahre Achterbahnfahrt hinter sich. Nach seinem Sieg in iowa hochgejubelt, von Romney schon zum demokratischen Spitzenreiter, von Medien und Demoskopen zum Sieger von New Hampshire erklärt, um dann dort mit einem eigentlich anständigen Ergebnis als Verlierer dazustehen. Dennoch ist ein wenig vom Glanz des Iowa-Sieges geblieben und er liegt in South Carolina gut im Rennen. In Nevada hat er die Unterstützung zweier wichtiger Gewerkschaften gewinnen können. Außerdem hat Sen. John Kerry (D-MA) sich für Obama ausgesprochen. Dies ist außerordentlich hilfreich, denn Kerry ist nicht nur eine einflussreiche Persönlichkeit im demokratischen Establishment, er verfügt auch über eine umfangreiche Adressliste aus dem vergangenen Wahlkampf, die für Obama am Super Tuesday Gold wert sein könnte. Vorher sollte er aber mindestens noch South Carolina ODER Nevada, besser beide, gewinnen und Clinton in Florida eng auf den Fersen bleiben. Dann hat er am Super Tuesday eine reelle Chance, denn im Spendensammeln kann er weiterhin gut mit der Spitzenreiterin mithalten.
John Edwards hat mich überrascht. Nicht etwa mit seinen Ergebnissen in Iowa und New Hampshire, die waren erwartungsgemäß. Sondern mit seiner Ankündigung, auf jeden Fall bis zur Convention im Rennen bleiben zu wollen. Denn es müsste schon sehr außergewöhnliches passieren, um Edwards noch einen Weg zur Präsidentschaft zu ebnen. Was also bezweckt Edwards mit dieser Botschaft? Ich unterstelle einmal, dass er es ernst damit meint - alles andere dürfte ihm in späteren Kampagnen um was auch immer schwer auf die Füße fallen. Und das er vorhat, seine politische Karriere in diesem Jahr zu beenden, kann man wohl ausschließen. Hofft er, nach einem eventuellen Rückzug Obamas den Großteil von dessen Delegierten auf seine Seite zu ziehen? Oder will er die Gelegenheit nutzen, auf der Convention seine Themen präsentieren zu können? Wir werden sehen. Das er gegen die starken Rivalen Clinton und Obama die Vorwahlen von South Carolina gewinnen kann, scheint mir unwahrscheinlich. Gelingt ihm das allerdings, wäre dies eine ordentliche Überraschung, die ihm kräftigen Medienauftrieb verschaffen könnte.
Auch Bill Richardson hat mich überrascht. Nach den primaries von New Hampshire zog er die Reißleine und verabschiedete sich aus dem Rennen. Damit folgte er Joe Biden und Chris Dodd, die bereits in der Nacht von Iowa ausschieden. Ich hatte schon erwartet, dass er noch die Nevada caucusses abwartet, bei denen er als Gouverneur von New Mexico sicher besser abgeschnitten hätte. Andererseits ist in New Mexico auch ein Senatssitz neu zu besetzen, der republikanische Amtsinhaber Domenici verzichtet auf eine weitere Amtszeit, damit könnte die demokratische Mehrheit im Senat ausgebaut werden. Allerdings haben die Demokraten dort mit Rep. Tom Udall (D-NM) bereits einen Kandidaten. Ob sie sich das noch einmal überlegen und ihren populären Gouverneur ins Rennen schicken...man wird sehen. Vielleicht winkt ja auch ein Vizepräsidentenamt. Aber auch sonst dürfte ein/e zukünftige/r demokratische/r PräsidentIn sicherlich Verwendung für den Ex-Diplomaten und Ex-Energieminister haben. Sorgen um die Zukunft Richardsons muss man sich also sicher keine machen.
Bleiben noch Dennis Kucinich und Mike Gravel. Nun ja, sie sind noch da. Mike Gravel ist es gelungen, in New Hampshire weniger Stimmen zu bekommen, als der bereits ausgeschiedene Chris Dodd und Dennis Kucinich fordert eine Neuauszählung der Stimmen in New Hampshire, weil er den Verdacht hat, dass Obama zu wenig Stimmen bekommen hat. Aber sie sind noch da. Und werden in Michigan die Plätze zwei und drei (von drei) unter sich ausmachen können - das ist doch mal was. Wobei Kucinich Gravel eines voraus hat: Einen Superdelegierten aus seinem Heimatstaat Ohio. Er wird also definitiv die Convention nicht durch den Besuchereingang betreten müssen.
Die Elefanten-Stampede: Die Republikaner unter Hempels Bett
Während bei den Demokraten alles auf einen geordneten Zweieinhalbkampf hinausläuft, ist bei den Republikanern weiterhin Kraut und Rüben angesagt. Da ich die republikanischen Kandidaten gar nicht nach Erfolgschancen wichten kann, gibts den Bericht hier in alphabetischer Reihenfolge.
Und so beginnen wir mit Rudy Giuliani. Der verfügt laut CNN bislang über einen Delegierten (unpledged, Maine) und hat sich das alles vermutlich irgendwie anders vorgestellt. Nicht nur, dass er weder in Iowa noch in New Hampshire noch in Wyoming (dazu später mehr) auch nur ein Blumentöpflein gewinnen konnte. In New Hampshire wurde er lediglich Vierter, in Iowa gar nur Sechster - von Sieben! So musste er in Iowa unter anderem Ron Paul an sich vorbei ziehen lassen, in New Hampshire konnte er ihm immerhin 1 Prozentpunkt Vorsprung abtrotzen. Und Besserung ist nicht in Sicht. In Michigan dürften McCain, Huckabee und Romney vor ihm liegen, in South Carolina vielleicht sogar McCain, Huckabee, Romney und Thompson. Und da is der chronisch unberechenbare Ron Paul noch gar nicht mit drin. Und selbst in Florida, einst eine Giuliani-Hochburg, hat ihm Huckabee den Rang abgelaufen - und zwar bereits vor dem Iowa-Hype. Und so kann es ihm passieren, dass er mit einem Sack voll vierten und fünften Plätzen in den Super Tuesday geht. Und dann wird es selbst für ihn schwer sein, das Ruder herumzureißen.
Mike Huckabee hat Giuliani mindestens zwei Dinge voraus: Den "Huckaburger" und einen Sieg. Der republikanische Obama konnte in Iowa genauso glänzen und hatte das Glück, dass niemand von ihm ein besonders gutes Ergebnis in New Hampshire erwartete. So geriet er zwar wieder ein wenig in den Schatten, allerdings ohne die Kratzer, die Obama davontrug. Huckabee wird sich ganz auf South Carolina konzentrieren, wo er gute Chancen hat, seinen zweiten Sieg einzufahren. Auch in Michigan ist er vorn mit dabei und mit seinen sozialeren Ansichten dürfte er dort auch ganz gut ankommen. Eines von den beiden sollte er aber schon gewinnen, sonst könnte sich der Hucka-Hype sehr rasch verflüchtigen. Und nur mit den Evangelikalen wird er die Nominierung nicht bekommen. Gewinnt er aber South Carolina, darf er am Super Tuesday auf eine Reihe von Südstaaten hoffen.
Der nächste, bitte: Duncan Hunter. Was soll ich sagen...der Mann hat momentan genau soviele Delegierte wie Rudy Giuliani. Sollte da irgendwer drauf gewettet und damit viel Geld verdient haben, Herzlichen Glückwunsch. Dieses wundersame Ereignis vollzog sich, weitestgehend unbemerkt von der Weltöffentlichkeit, im bevölkerungsärmsten aller US-Bundesstaaten, Wyoming. Dieser Staat ist nicht nur Heimstatt des grössten Vizepräsidenten aller Zeiten , sondern darf auch sage und schreibe 28 Delegierte entsenden, was sie dann auch noch kackfrech zwischen Iowa und New Hampshire erledigen wollten. Bei den Republikanern darf aber eigentlich gar niemand vor dem Super Tuesday primaries abhalten, so dass Wyoming (wie auch New Hampshire, Michigan, South Carolina und Florida) die Hälfte der Delegierten abgezogen bekam. Iowa, Nevada, Louisiana, Hawaii und Maine wurden hingegen nicht bestraft, da sie keine primairies abhalten. Das aber nur am Rande, Wyoming hat nun also 14 Delegierte, zwölf davon wurden am 5.1. verteilt und davon wiederum hat Kollege Hunter einen abbekommen. Das hat ihn so gefreut, dass er kurz darauf eine Pressekonferenz abhielt, auf der er den Medien mal so richtig die Meinung geigte. ABC und Fox hatten ihn nämlich aus den New-Hampshire-Debatten ausgeladen, weil er sowohl in den Umfragen als auch auf dem Konto die Relevanzschwelle deutlich gerissen hat. Dies sei arrogant, immerhin habe er einen Delegierten errungen und sei damit wichtig und außerdem könne er zur Immigrationsdebatte einen ganzen Zaun beitragen und würde ja auch ein paar Länder kennen. Also jedenfalls alles ganz gemein und deshalb würde er jetzt erst recht weitermachen. Alle doof, außer Mutti. So!:
Apropos nicht aufgeben: John McCain ist wieder da! Und wie! Dieser Mann ist einfach der Hammer. Da lag im Sommer seine ganze Kampagne in Trümmern und er war der Liebling der Gagschreiber und jetzt ist er wieder ganz oben dabei. Zunächst einmal schrammte er in Iowa haarscharf an Platz 3 vorbei, obwohl er dort kaum gewahlkämpft hatte. Und dann verpasste er Romney in New Hampshire eine Abreibung, die sich gewaschen hatte. Und nun schart sich, aus Angst vor Huckabee, das Parteiestablishment um McCain. Er führt in Umfragen in Michigan und sogar in South Carolina liegt er Kopf an Kopf mit Huckabee. Gewinnt er diese beiden, könnte sich der Super Tuesday zum Zweikampf McCain-Giuliani entwickeln. Und McCain/Huckabee wäre sicher ein spannendes Ticket, trotz unterschiedlicher Auffassungen bei Immigration und Irak-Krieg. Der jüngste und der älteste Kandidat im Feld, ein Evangelikaler Sozialkonservativer und ein Kriegsheld mit hohem Ansehen bei Unabhängigen...das wär schon was.
Mit Ron Paul is das so ne Sache. In Iowa und New Hampshire konnte er gut mit Giuliani mithalten und beim Fundraising schafft er momentan bemerkenswerte Ergebnisse. Nicht, dass er eine Chance auf den großen Pott hätte - da würden die Republikaner eher bei Sen. Joe Lieberman (Indep.-CT) nachfragen. Aber allein die Vorstellung, dass Paul sein Rederecht auf der Convention einfordert, dürfte den Parteistrategen den Angstschweiß auf die Stirn treiben. Und für die eine oder andere Überraschung ist der schrullige Abgeordnete aus Texas sicher noch gut.
Kommen wir nun zu den beiden Kandidaten, die momentan wohl die meisten Sorgenfalten auf der Stirn haben dürften. Mitt Romney hat sich mit voller Wucht und gefühlten 50 Fantastilliarden Dollar auf Iowa und New Hampshire konzentriert und zwei Mal gepflegt ins Klo gegriffen. Geschlagen von Bewerbern, die im Sommer selbst zusammengerechnet kaum zweistellige Umfragewerte erreichten. Nur bei den Wyoming Caucusses konnte er abräumen: 8 von 12 Delegierten konnte er sich sichern. Interessiert bloß keinen Menschen. Genauso wenig, wie die Tatsache, dass er in der Delegiertenliste das Feld der Republikaner anführt. In seinem Geburtsstaat Michigan muss er siegen, sonst ist Feierabend.
Fred Thompson geht es wenig besser: zwar war sein dritter Platz in Iowa nicht so eine Niederlage wie Romneys zweiter. Dafür holte er sich in New Hampshire mit 1% eine böse Packung und auch in Wyoming konnte er nicht mit Romney mithalten. Das wäre alles verkraftbar, wäre er noch der unangefochtene Favorit der Südstaatler. Ist er durch den Aufstieg Huckabees aber längst nicht mehr und so kämpft er in South Carolina ums politische Überleben. In den Umfragen liegt er hinter McCain, Huckebee, Romney und Giuliani abgeschlagen auf Platz 5 und ist damit wohl der heisseste Anwärter auf den nächsten Aussteiger.
Und nun wage ich doch erst- und letztmalig eine Prognose. Bei den Demokraten wird Hillary Clinton am Super Tuesday souverän durchziehen und mit einem running mate, der nicht dem Feld der Präsidentschaftskandidaten entstammt, antreten. Bei den Republikanern werden Romney und Thompson spätestens nach dem Super Tuesday weg vom Fenster sein. McCain und Giuliani liefern sich einen packenden Zweikampf am Super Tuesday, Zünglein an der Wage wird Mike Huckabee, der South Carolina, Alabama, Arkansas, Georgia und Tennessee gewinnen kann. Er verbündet sich mit McCain, wird dessen VP-Kandidat und McCain/Huckabee schlägt Clinton/Vilsack mit 289:249 Wahlmännerstimmen. Eine Nachzählung in Ohio ergibt allerdings, dass Clinton dort mit 27 Stimmen Vorsprung gewonnen hat, so dass die 20 Stimmen aus Ohio an Clinton gehen, es im Electoral College 269:269 ausgeht. McCain erleidet daraufhin einen Schlaganfall und der Kongress wählt Huckabee zum Präsidenten und Clinton zur Vizepräsidentin.
Das war zwar eine Satire auf den Prognosewahn der US-Medien, aber wenn das so kommt, will ich ne Torte.
Ne ganz große!
Erfahrung, Wandel und der kleine Mann: der demokratische Dreier
Es bleibt spannend bei den Demokraten.
Hillary Clinton konnte sich von ihrer Niederlage in Iowa erholen und landete ein vielumjubeltes Comeback in New Hampshire. Vor zwei Wochen noch wäre ein Drei-Prozent-Vorsprung gegenüber Barack Obama bestenfalls als Unentschieden gewertet worden, nachdem ihr aber die US-Medien den Gefallen taten, ihre Niederlage in Iowa zur Katastrophe aufzublasen und teilweise bereits über Zeitpunkt und Umstände ihrer Aufgabe zu spekulieren, konnte sie im "Expectations Game" einen psychologischen Sieg davontragen. Am 15.1. wird sie in Michigan einer ganz besonderen Aufgabe gegenüberstehen. Auf dem Wahlzettel werden neben ihr lediglich Mike Gravel und Dennis Kucinich stehen. Die anderen noch im Rennen befindlichen Demokraten haben sich, gemäß dem Wunsch des Democratic National Committee, zurückgezogen. Da dieses Michigan sämtliche Delegierten gestrichen hat, geht es hier nur um die goldene Ananas, möchte man meinen. Aber weit gefehlt: Einerseits kommt Michigan als erstem großen Staat eine gewisse Signalwirkung zu. Vor allem aber hat die Convention das Recht, Michigans Delegierte (immerhin 128) wieder zuzulassen, auch wenige Stunden vor der Kandidatenkür. Und so werden Obama- und Edwards-Anhänger für die Option "unpledged" stimmen, also ungebundene Delegierte entsenden, die dann, so die Hoffnung der beiden, im Zweifel zu ihren Gunsten entscheiden würden. Und da die beiden in diesem Fall zwangsläufig zusammenarbeiten, könnte es sein, dass der Sieger bei den Demokraten in Michigan "unpledged" heisst. In Nevada und South Carolina muss sie nicht gewinnen, sollte sich aber keine erheblichen Rückstände auf Obama einhandeln. Gelingt ihr das, dürfte sie in Florida gut abschneiden und damit eine gute Basis für den Super Tuesday schaffen. Dort wird die demokratische Nominierung voraussichtlich entschieden und ihre Ausgangslage ist immer noch hervorragend.
Barack Obama hat eine wahre Achterbahnfahrt hinter sich. Nach seinem Sieg in iowa hochgejubelt, von Romney schon zum demokratischen Spitzenreiter, von Medien und Demoskopen zum Sieger von New Hampshire erklärt, um dann dort mit einem eigentlich anständigen Ergebnis als Verlierer dazustehen. Dennoch ist ein wenig vom Glanz des Iowa-Sieges geblieben und er liegt in South Carolina gut im Rennen. In Nevada hat er die Unterstützung zweier wichtiger Gewerkschaften gewinnen können. Außerdem hat Sen. John Kerry (D-MA) sich für Obama ausgesprochen. Dies ist außerordentlich hilfreich, denn Kerry ist nicht nur eine einflussreiche Persönlichkeit im demokratischen Establishment, er verfügt auch über eine umfangreiche Adressliste aus dem vergangenen Wahlkampf, die für Obama am Super Tuesday Gold wert sein könnte. Vorher sollte er aber mindestens noch South Carolina ODER Nevada, besser beide, gewinnen und Clinton in Florida eng auf den Fersen bleiben. Dann hat er am Super Tuesday eine reelle Chance, denn im Spendensammeln kann er weiterhin gut mit der Spitzenreiterin mithalten.
John Edwards hat mich überrascht. Nicht etwa mit seinen Ergebnissen in Iowa und New Hampshire, die waren erwartungsgemäß. Sondern mit seiner Ankündigung, auf jeden Fall bis zur Convention im Rennen bleiben zu wollen. Denn es müsste schon sehr außergewöhnliches passieren, um Edwards noch einen Weg zur Präsidentschaft zu ebnen. Was also bezweckt Edwards mit dieser Botschaft? Ich unterstelle einmal, dass er es ernst damit meint - alles andere dürfte ihm in späteren Kampagnen um was auch immer schwer auf die Füße fallen. Und das er vorhat, seine politische Karriere in diesem Jahr zu beenden, kann man wohl ausschließen. Hofft er, nach einem eventuellen Rückzug Obamas den Großteil von dessen Delegierten auf seine Seite zu ziehen? Oder will er die Gelegenheit nutzen, auf der Convention seine Themen präsentieren zu können? Wir werden sehen. Das er gegen die starken Rivalen Clinton und Obama die Vorwahlen von South Carolina gewinnen kann, scheint mir unwahrscheinlich. Gelingt ihm das allerdings, wäre dies eine ordentliche Überraschung, die ihm kräftigen Medienauftrieb verschaffen könnte.
Auch Bill Richardson hat mich überrascht. Nach den primaries von New Hampshire zog er die Reißleine und verabschiedete sich aus dem Rennen. Damit folgte er Joe Biden und Chris Dodd, die bereits in der Nacht von Iowa ausschieden. Ich hatte schon erwartet, dass er noch die Nevada caucusses abwartet, bei denen er als Gouverneur von New Mexico sicher besser abgeschnitten hätte. Andererseits ist in New Mexico auch ein Senatssitz neu zu besetzen, der republikanische Amtsinhaber Domenici verzichtet auf eine weitere Amtszeit, damit könnte die demokratische Mehrheit im Senat ausgebaut werden. Allerdings haben die Demokraten dort mit Rep. Tom Udall (D-NM) bereits einen Kandidaten. Ob sie sich das noch einmal überlegen und ihren populären Gouverneur ins Rennen schicken...man wird sehen. Vielleicht winkt ja auch ein Vizepräsidentenamt. Aber auch sonst dürfte ein/e zukünftige/r demokratische/r PräsidentIn sicherlich Verwendung für den Ex-Diplomaten und Ex-Energieminister haben. Sorgen um die Zukunft Richardsons muss man sich also sicher keine machen.
Bleiben noch Dennis Kucinich und Mike Gravel. Nun ja, sie sind noch da. Mike Gravel ist es gelungen, in New Hampshire weniger Stimmen zu bekommen, als der bereits ausgeschiedene Chris Dodd und Dennis Kucinich fordert eine Neuauszählung der Stimmen in New Hampshire, weil er den Verdacht hat, dass Obama zu wenig Stimmen bekommen hat. Aber sie sind noch da. Und werden in Michigan die Plätze zwei und drei (von drei) unter sich ausmachen können - das ist doch mal was. Wobei Kucinich Gravel eines voraus hat: Einen Superdelegierten aus seinem Heimatstaat Ohio. Er wird also definitiv die Convention nicht durch den Besuchereingang betreten müssen.
Die Elefanten-Stampede: Die Republikaner unter Hempels Bett
Während bei den Demokraten alles auf einen geordneten Zweieinhalbkampf hinausläuft, ist bei den Republikanern weiterhin Kraut und Rüben angesagt. Da ich die republikanischen Kandidaten gar nicht nach Erfolgschancen wichten kann, gibts den Bericht hier in alphabetischer Reihenfolge.
Und so beginnen wir mit Rudy Giuliani. Der verfügt laut CNN bislang über einen Delegierten (unpledged, Maine) und hat sich das alles vermutlich irgendwie anders vorgestellt. Nicht nur, dass er weder in Iowa noch in New Hampshire noch in Wyoming (dazu später mehr) auch nur ein Blumentöpflein gewinnen konnte. In New Hampshire wurde er lediglich Vierter, in Iowa gar nur Sechster - von Sieben! So musste er in Iowa unter anderem Ron Paul an sich vorbei ziehen lassen, in New Hampshire konnte er ihm immerhin 1 Prozentpunkt Vorsprung abtrotzen. Und Besserung ist nicht in Sicht. In Michigan dürften McCain, Huckabee und Romney vor ihm liegen, in South Carolina vielleicht sogar McCain, Huckabee, Romney und Thompson. Und da is der chronisch unberechenbare Ron Paul noch gar nicht mit drin. Und selbst in Florida, einst eine Giuliani-Hochburg, hat ihm Huckabee den Rang abgelaufen - und zwar bereits vor dem Iowa-Hype. Und so kann es ihm passieren, dass er mit einem Sack voll vierten und fünften Plätzen in den Super Tuesday geht. Und dann wird es selbst für ihn schwer sein, das Ruder herumzureißen.
Mike Huckabee hat Giuliani mindestens zwei Dinge voraus: Den "Huckaburger" und einen Sieg. Der republikanische Obama konnte in Iowa genauso glänzen und hatte das Glück, dass niemand von ihm ein besonders gutes Ergebnis in New Hampshire erwartete. So geriet er zwar wieder ein wenig in den Schatten, allerdings ohne die Kratzer, die Obama davontrug. Huckabee wird sich ganz auf South Carolina konzentrieren, wo er gute Chancen hat, seinen zweiten Sieg einzufahren. Auch in Michigan ist er vorn mit dabei und mit seinen sozialeren Ansichten dürfte er dort auch ganz gut ankommen. Eines von den beiden sollte er aber schon gewinnen, sonst könnte sich der Hucka-Hype sehr rasch verflüchtigen. Und nur mit den Evangelikalen wird er die Nominierung nicht bekommen. Gewinnt er aber South Carolina, darf er am Super Tuesday auf eine Reihe von Südstaaten hoffen.
Der nächste, bitte: Duncan Hunter. Was soll ich sagen...der Mann hat momentan genau soviele Delegierte wie Rudy Giuliani. Sollte da irgendwer drauf gewettet und damit viel Geld verdient haben, Herzlichen Glückwunsch. Dieses wundersame Ereignis vollzog sich, weitestgehend unbemerkt von der Weltöffentlichkeit, im bevölkerungsärmsten aller US-Bundesstaaten, Wyoming. Dieser Staat ist nicht nur Heimstatt des grössten Vizepräsidenten aller Zeiten , sondern darf auch sage und schreibe 28 Delegierte entsenden, was sie dann auch noch kackfrech zwischen Iowa und New Hampshire erledigen wollten. Bei den Republikanern darf aber eigentlich gar niemand vor dem Super Tuesday primaries abhalten, so dass Wyoming (wie auch New Hampshire, Michigan, South Carolina und Florida) die Hälfte der Delegierten abgezogen bekam. Iowa, Nevada, Louisiana, Hawaii und Maine wurden hingegen nicht bestraft, da sie keine primairies abhalten. Das aber nur am Rande, Wyoming hat nun also 14 Delegierte, zwölf davon wurden am 5.1. verteilt und davon wiederum hat Kollege Hunter einen abbekommen. Das hat ihn so gefreut, dass er kurz darauf eine Pressekonferenz abhielt, auf der er den Medien mal so richtig die Meinung geigte. ABC und Fox hatten ihn nämlich aus den New-Hampshire-Debatten ausgeladen, weil er sowohl in den Umfragen als auch auf dem Konto die Relevanzschwelle deutlich gerissen hat. Dies sei arrogant, immerhin habe er einen Delegierten errungen und sei damit wichtig und außerdem könne er zur Immigrationsdebatte einen ganzen Zaun beitragen und würde ja auch ein paar Länder kennen. Also jedenfalls alles ganz gemein und deshalb würde er jetzt erst recht weitermachen. Alle doof, außer Mutti. So!:
Apropos nicht aufgeben: John McCain ist wieder da! Und wie! Dieser Mann ist einfach der Hammer. Da lag im Sommer seine ganze Kampagne in Trümmern und er war der Liebling der Gagschreiber und jetzt ist er wieder ganz oben dabei. Zunächst einmal schrammte er in Iowa haarscharf an Platz 3 vorbei, obwohl er dort kaum gewahlkämpft hatte. Und dann verpasste er Romney in New Hampshire eine Abreibung, die sich gewaschen hatte. Und nun schart sich, aus Angst vor Huckabee, das Parteiestablishment um McCain. Er führt in Umfragen in Michigan und sogar in South Carolina liegt er Kopf an Kopf mit Huckabee. Gewinnt er diese beiden, könnte sich der Super Tuesday zum Zweikampf McCain-Giuliani entwickeln. Und McCain/Huckabee wäre sicher ein spannendes Ticket, trotz unterschiedlicher Auffassungen bei Immigration und Irak-Krieg. Der jüngste und der älteste Kandidat im Feld, ein Evangelikaler Sozialkonservativer und ein Kriegsheld mit hohem Ansehen bei Unabhängigen...das wär schon was.
Mit Ron Paul is das so ne Sache. In Iowa und New Hampshire konnte er gut mit Giuliani mithalten und beim Fundraising schafft er momentan bemerkenswerte Ergebnisse. Nicht, dass er eine Chance auf den großen Pott hätte - da würden die Republikaner eher bei Sen. Joe Lieberman (Indep.-CT) nachfragen. Aber allein die Vorstellung, dass Paul sein Rederecht auf der Convention einfordert, dürfte den Parteistrategen den Angstschweiß auf die Stirn treiben. Und für die eine oder andere Überraschung ist der schrullige Abgeordnete aus Texas sicher noch gut.
Kommen wir nun zu den beiden Kandidaten, die momentan wohl die meisten Sorgenfalten auf der Stirn haben dürften. Mitt Romney hat sich mit voller Wucht und gefühlten 50 Fantastilliarden Dollar auf Iowa und New Hampshire konzentriert und zwei Mal gepflegt ins Klo gegriffen. Geschlagen von Bewerbern, die im Sommer selbst zusammengerechnet kaum zweistellige Umfragewerte erreichten. Nur bei den Wyoming Caucusses konnte er abräumen: 8 von 12 Delegierten konnte er sich sichern. Interessiert bloß keinen Menschen. Genauso wenig, wie die Tatsache, dass er in der Delegiertenliste das Feld der Republikaner anführt. In seinem Geburtsstaat Michigan muss er siegen, sonst ist Feierabend.
Fred Thompson geht es wenig besser: zwar war sein dritter Platz in Iowa nicht so eine Niederlage wie Romneys zweiter. Dafür holte er sich in New Hampshire mit 1% eine böse Packung und auch in Wyoming konnte er nicht mit Romney mithalten. Das wäre alles verkraftbar, wäre er noch der unangefochtene Favorit der Südstaatler. Ist er durch den Aufstieg Huckabees aber längst nicht mehr und so kämpft er in South Carolina ums politische Überleben. In den Umfragen liegt er hinter McCain, Huckebee, Romney und Giuliani abgeschlagen auf Platz 5 und ist damit wohl der heisseste Anwärter auf den nächsten Aussteiger.
Und nun wage ich doch erst- und letztmalig eine Prognose. Bei den Demokraten wird Hillary Clinton am Super Tuesday souverän durchziehen und mit einem running mate, der nicht dem Feld der Präsidentschaftskandidaten entstammt, antreten. Bei den Republikanern werden Romney und Thompson spätestens nach dem Super Tuesday weg vom Fenster sein. McCain und Giuliani liefern sich einen packenden Zweikampf am Super Tuesday, Zünglein an der Wage wird Mike Huckabee, der South Carolina, Alabama, Arkansas, Georgia und Tennessee gewinnen kann. Er verbündet sich mit McCain, wird dessen VP-Kandidat und McCain/Huckabee schlägt Clinton/Vilsack mit 289:249 Wahlmännerstimmen. Eine Nachzählung in Ohio ergibt allerdings, dass Clinton dort mit 27 Stimmen Vorsprung gewonnen hat, so dass die 20 Stimmen aus Ohio an Clinton gehen, es im Electoral College 269:269 ausgeht. McCain erleidet daraufhin einen Schlaganfall und der Kongress wählt Huckabee zum Präsidenten und Clinton zur Vizepräsidentin.
Das war zwar eine Satire auf den Prognosewahn der US-Medien, aber wenn das so kommt, will ich ne Torte.
Ne ganz große!
redpoint - 12. Jan, 03:23