"Hunde, wollt ihr ewig leben?" oder: it's the economy, stupid, Part II

So, nun also die Michigan-Analyse. Zunächst frühstücken wir einmal die Demokraten ab. Das war ja eine einigermaßen freud- und brotlose Veranstaltung. Etwa 55% der Wähler beim demokratischen Primary gaben Hillary Clinton ihre Stimme, ca. 40% wählten für "uncommitted", also explizit gegen sie. Das erste wäre vielleicht noch ein Grund zur Freude (wobei man das nicht überbewerten darf, da die Motivation, zur Wahl zu gehen, natürlich höher ist, wenn ich meinen Kandidaten wählen kann, als wenn ich "unbestimmt" ankreuzen muss), das zweite eher ein Grund zur Besorgnis. Insbesondere die Jugend wird mit Clinton nicht warm: in der Altersgruppe U30 lag "uncommitted" in den Exit Polls sogar vorn, bei den 30-39jährigen gabs nen Gleichstand. Auf die Gruppen, die sie schon in New Hampshire zum Sieg führten, die Frauen und die eingefleischten Demokraten, konnte sich Clinton auch hier wieder verlassen. Wirklich Sorgen dürfte ihr allerdings das Abschneiden unter den Afroamerikanern machen. Hier lag "Uncommitted" mit 68% deutlich vor Clinton (30%). Das ist angesichts der Bedeutung der afroamerikanischen community bei den Vorwahlen in South Carolina recht unerfreulich für die Senatorin. Abschließend die Frage, wen die Leute gewählt hätten, hätten sie wirklich "wählen" können. Clinton: 46%, Obama: 35%, Edwards 12%. Es hätte also ein fulminanter Sieg für Hillary werden können...hätte.
Putzigerweise könnte das gute Ergebnis für "uncommitted" dazu führen, dass Michigan auf der Convention doch vertreten ist. Wenn ich das bei CNN gestern richtig mitgeschnitten habe ist es nämlich so: Kommen in einem Bezirk mehr als 30% für "uncommitted" zusammen (das dürften fast alle geschafft haben), darf dieser doch Delegierte entsenden. Wie die "uncommitted"-Delegierten abstimmen, wird die demokratische Partei Michigans dann auf einem Parteikongress entscheiden. Schau'mer mal!

Soweit zu den Demokraten. Nun zu dem durchgeknallten Hühnerhaufen, der einmal die Republikanische Partei war: Und da muss ich doch sagen: Schluss! Aus! Feierabend! Hier werde ich ab jetzt nur noch Ergebnisse berichten. Keine Prognosen, keine Spekulationen, keine strategischen Überlegungen mehr....naja, ab morgen ;). Mal abgesehen davon, dass da ohnehin vermutlich kein Kandidat mehr irgendeine Strategie hat, sondern wie bei einer zünftigen Massenschlägerei jeder hofft, möglichst lange auf den Beinen zu bleiben.
Was ist passiert? Nach dem Huckabee-Triumph und dem McCain-Comeback gab es das Romney-Wunder zu bestaunen. Der aus Michigan stammende Ex-Gouverneur von Massachusetts gewann nicht einfach nur, er verpasste John McCain eine Abreibung, dass es nur so rauschte: 39% zu 30%. Mike Huckabee wurde erwartungsgemäß Dritter mit eher mäßig beeindruckenden 16%. Auch beim Blick in die Exit Polls kommt man aus dem Kopfschütteln nicht mehr raus: Die pro-choice-Fraktion stimmt für McCain, die Abtreibungsgegner für Romney (ok, da könnte man noch sagen, die Leute glauben eben, was die Kandidaten sagen, mag es ihren vergangenen Handlungen noch so sehr widersprechen). Bei den Evangelikalen (immerhin fast 40% der Wähler) liegt Romney noch deutlich vor Huckabee auf Platz 1. Dann bei der Kriegsfrage der selbe Käse wie in New Hampshire: Die Gegner des Irak-Krieges sprechen sich eher für McCain aus als die Befürworter. Und dann der Knaller: Bei den Wählern, für die Erfahrung die wichtigste Eigenschaft des Kandidaten ist, schlägt Romney, dessen politische Erfahrung auf eine Reihe von Wahlniederlagen und einer Amtszeit als Gouverneur beläuft den Kriegshelden McCain, der dem Kongress seit 25 Jahren angeört, mit 52 zu 40 Prozent. Die einzige Kandidateneigenschaft, in der McCain führt, ist übrigens die Glaubwürdigkeit, die aber auch nur 27% der Wähler interessierte. Was soll man denn dazu noch sagen respektive schreiben?
Das dominierende Thema in dem Staat mit der höchsten Arbeitslosenquote in den USA war übrigens die Wirtschaft. Vor allem hier schnitt Romney deutlich besser ab als McCain. Im Wahlkampf gab es eine bemerkenswerte Kontroverse auf diesem Feld. Während McCain, ganz "straight talk", den Leuten erklärte, dass die Jobs in der Automobilindustrie nicht zurückkommen würden, und man neue Jobs nach Michigan holen müsste, wies Romney das zurück und versprach, nicht zu ruhen, bevor er die Jobs wieder nach Michigan zurückbekommen hätte. Das erste war vermutlich ehrlicher, das zweite offenbar erfolgreicher.
Übrigens: Bei den Demokraten, die an der republikanischen Vorwahl teilnahmen, holte McCain 41%, Romney 33%. CNN folgert daraus, dass das Projekt "Democrats for Romney" nicht sonderlich erfolgreich war. Ich seh das etwas anders. Wenn Romney, der die komplette Politik der Bush-Regierung ganz prächtig findet (abgesehen davon, dass ihm Guantanamo zu klein ist) und Bush sogar vor Mike Huckabee in Schutz nahm, ein Drittel der Demokraten abräumen konnte, finde ich sehr bemerkenswert. Auch wenn Romney vermutlich auch ohne diese Stimmen gewonnen hätte: meines Erachtens können die Jungs und Mädels von DailyKos das als gelungene Aktion verbuchen.
Im hinteren Feld der Republikaner zeigt sich auch bemerkenswertes Bild: Ron Paul mit 6% auf Platz vier vor Fred Thompson mit vier und Rudy Giuliani mit nur drei Prozent. Immerhin kam der Ex-Bürgermeister damit noch knapp vor "uncommitted" ins Ziel.
Überhaupt wird Giuliani von vielen Kommentatoren als heimlicher Sieger des Abends gefeiert. Drei republikanische Vorwahlen (für Wyoming interessiert sich kein Mensch), drei Sieger, kein Spitzenreiter in Sicht...genau so haben sich das die New Yorker Strategen vorgestellt. Wenn jetzt noch am Samstag Fred Thompson in South Carolina (gegenwärtig nicht sonderlich wahrscheinlich) und Duncan Hunter in Nevada (wenn das passiert, ess ich den Rest des Jahres jede Woche ein Schnitzel!) gewinnt, dann hat Rudy vor seinem ersten echten Auftritt in Florida am 29.1. eine ideale Ausgangsbasis. Dann Florida gewinnen und beim Super Tuesday Kalifornien und den Nordosten abräumen, so stellt Giuliani sich das vor. Andererseits sind die bisherigen Ergebnisse von Giuliani dermaßen unbeeindruckend und die Umfragen in Florida so uneinheitlich und knapp, dass ich mir auf diese Strategie (und das ist die einzige Strategie, die ich irgendwo erkennen kann) auch kein Ei braten würde.

Ein gutes hat das Theater bei den Republikanern ja: Ich kann jedes Mal eine Siegesrede von jemand anderem präsentieren:

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