Da sammer wieder

Nach drei Wochen Pause bin ich nun rechtzeitig zur nächsten entscheidenden Vorwahl wieder zurück. Heute nacht stehen in vier weiteren Bundesstaaten Vorwahlen an: Rhode Island, Vermont, Ohio und Texas. Dazu später mehr, zunächst die Ausgangslage:

In den vergangenen Wochen hat sich der Delegiertenstand langsam aber stetig zugunsten von Barack Obama verändert. Neben den elf Wahlsiegen in Folge spielte hier auch die Situation bei den Superdelegates eine Rolle. Hier konnte Obama ein wenig Boden gut machen, ohne allerdings Clinton schon einzuholen. Da hatte ich ehrlich gesagt etwas mehr erwartet. Insgesamt sieht der Kuchen momentan so aus (Quelle: RealClearPolitics):
Delegiertenverteilung bei den Demokraten (Stand 4.3., Quelle: RealClearPolitics)

Obama führt also mit etwas über 100 Delegierten vor Clinton. Bei den heutigen Vorwahlen sind 446 Delegierte zu vergeben. Das hört sich nach einer guten Chance für Clinton an, den Vorsprung aufzuholen. Das wäre allerdings keine Überraschung mehr, sondern eine Sensation. Anders gesagt: Es wird nicht passieren, aus folgenden Gründen:
  • Während die Umfragen vor einigen Wochen Clinton noch sowohl in Texas als auch in Ohio vorn sahen, ist dieser Vorsprung deutlich geschrumpft. In Texas liegen beide im wesentlichen gleichauf, in Ohio führt Clinton einstellig.
  • Es gilt weiterhin, dass die Delegierten proportional verteilt werden. Selbst bei einer einfachen Verteilung auf Ebene der Bundesstaaten müsste Clinton Obama schon in allen vier Staaten mit über 60% besiegen, um 100 Delegierte Vorsprung wettzumachen.
  • Die Delegierten werden nicht auf Staatsebene verteilt, sondern auf Ebene der Kongressbezirke. Dabei gibt es eine ganze Reihe von Bezirken, die vier oder sechs Delegierte entsenden. Sollte sich dort nicht einer der beiden Kandidaten erdrutschartig durchsetzen, bekommen beide je zwei bzw. drei Delegierte.
  • In Texas kommt hinzu, dass ein Teil der Delegierten in einem offenen primary vergeben wird, ein (allerdings kleinerer) Teil in anschließend stattfindenden Caucusses. Bislang hat Obama alle Caucusses bis auf Nevada gewonnen. So ist denkbar, dass Clinton die Texas primaries knapp gewinnt, Obama sich aber in den Caucusses deutlich durchsetzt und mehr Delegierte gewinnen kann.
Es ist also unwahrscheinlich, dass Clinton heute erheblich wird aufholen können. Bis vor wenigen Tagen erschien es sogar denkbar, dass Obama unter dem Strich mehr Delegierte gewinnen könnte als sie. Auf den letzten Metern sah Obama sich allerdings mit einigen unerfreulichen Nachrichten konfrontiert. Zunächst ist dort ein Verfahren gegen einen Immobilienunternehmer in Chicago. Obama ist zwar nicht direkt in dieses Verfahren involviert, hatte aber in der Vergangenheit in erheblichem Umfang Wahlspenden dieses Unternehmers entgegengenommen. Dann führte ein Mitarbeiter Obamas in Kanada Gespräche, bei denen dieser angeblich Regierungsvertretern versichert haben soll, Obamas kritische Äußerungen zum nordamerikanischen Freihandelsabkommen NAFTA seien lediglich Wahlkamprhetorik und nicht so ganz ernst gemeint. Zwar wird diese Version weder von dem Mitarbeiter noch von irgendwelchen kanadischen Offiziellen bestätigt, aber dennoch beschädigt diese Diskussion Obama vor allem in Ohio, einem old-economy-Staat, dessen Arbeiter der Idee des Freihandels sehr skeptisch gegenüberstehen. Und schließlich kam eine Diskussion über die Behandlung Obamas durch die Medien auf. Wirkten Clintons Äußerungen bei der letzten Debatte, sie bekäme fast immer die erste Frage gestellt, eher verzweifelt, brachte insbesondere die populäre Comedyshow Saturday Night Live das Thema in den Fokus:



In derselben Folge trat auch Clinton persönlich bei SNL auf. Auftritte von Politikern in dieser Sendung sind nicht ungewöhnlich, auch Obama war bereits dort. Aber dennoch dürfte dieser Auftritt besonders wertvoll für Clintons Kampagne gewesen sein.

All diese Probleme haben Obamas Kampagne etwas von dem Glanz genommen, den sie nach den teilweise triumphalen Wahlsiegen seit dem Super Tuesday bekommen hatte. Und so ist durchaus denkbar, dass Clinton auch ohne eindrucksvolle Siege in Ohio UND Texas weiter im Rennen bleiben kann. Die Republikaner wird es freuen.

Apropos: John McCain hat heute abend die Gelegenheit, die republikanische Nominierung wasserdicht zu machen. Laut RealClearPolitics hat er bereits 1019 Delegierte, heute könnten bis zu 265 hinzukommen. Angesichts der Umfragen und der Tatsache, dass bei den Republikanern "winner take all" in allen vier Staaten gilt, ist einigermaßen wahrscheinlich, dass McCain morgen früh die "magische Zahl" von 1191 Delegierten zusammenhat. Und Mike Huckabee hatte in der Vergangenheit angekündigt, (nur) solange zu kämpfen, solange kein Kandidat die absolute Mehrheit zusammen hat. Mal schaun, ob er sich dran hält, er hat jedenfalls unlängst - ebenfalls auf SNL - bewiesen, dass er auch in dieser Frage Humor hat:

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