Vorwahlen

Mittwoch, 30. Januar 2008

Super-Tuesday PREVIEW (I): Der Zwischenstand

So, die erste Phase des Vorwahlkampfes ist mit den Florida primaries abgeschlossen - im Gegensatz zu den verbliebenen Kandidaten können wir also mal durchschnaufen und Bilanz ziehen. Zunächst einmal die Delegiertenstände. (Quelle: CNN)

Demokraten:
Hillary Clinton: 232 (48)
Barack Obama: 158 (63)
John Edwards: 62 (26)
Sonstige: 0 (0)

Republikaner:
John McCain: 97 (95)
Mitt Romney: 74 (67)
Mike Huckabee: 29 (26)
Ron Paul: 6 (6)
Rudy Giuliani: 2 (1)
Fred Thompson: 0 (0)
Sonstige: 0 (0)

Die Zahl in den Klammern bezieht sich auf die in den Vorwahlen gewonnenen gebundenen Delegierten. Hinzu kommen bei den Demokraten die sogenannten "Super Delegates" (gut erkärt bei uswahl2008.de), bei den Republikanern "unpledged delegates", also ungebundene Delegierte. Diese Delegierten (meist Amts- und Würdenträger ihrer Partei auf unterschiedlichen Ebenen) sind in ihrer Entscheidung vollkommen frei und können sich auch in letzter Minute noch umentscheiden. Einige davon können allerdings mit gewisser Sicherheit dem einen oder anderen Kandidaten zugerechnet werden - beispielsweise Sen. Ted Kennedy (D-MA) für Barack Obama. Aber diese Zahlen sind eben von CNN geschätzt und können sich ändern. Die Zahl vor der Klammer stellt die Gesamtzahl der gebundenen und ungebundenen Delegierten dar.

Soweit zu den Zahlen. Wie stellt sich nun die Lage dar? Wenn Rudy Giuliani sich aus dem Rennen zurückzieht - wovon alle Welt ausgeht und was auch aus Giulianis Umfeld berichtet wird - haben wir es in beiden Parteien mit einer Art Dreier mit Zusatzzahl zu tun. Das heisst, drei Kandidaten kämpfen am kommenden Dienstag ernsthaft um Siege und Delegierten Stimmen und einer (bei den Demokraten Gravel, bei den Republikanern Paul) läuft halt so mit.
Dabei sind die Regeln etwas unterschiedlich. Bei den Demokraten werden in allen 22 Staaten (und den Auslands-Demokraten) die Delegierten proportional verteilt, in der Regel mit einer 15%-Sperrquote. Sollte Clinton also alle Staaten mit 40% vor Obama mit 35% und Edwards mit 20% gewinnen, könnte sie nach dem Super Tuesday weiter von der Kandidatur entfernt sein als je zuvor - ohne das Obamas Chancen wirklich gestiegen wären. In einem solchen Szenario wäre Edwards der Gewinner, weil ohne ihn gar nichts ginge. Allerdings ist zu vermuten, dass die Obama-Clinton-Polarisierung dafür sorgen dürfte, dass Edwards in etlichen Staaten unter der 15%-Hürde bleibt. Aber dennoch stehen die Chancen gut, dass auch nach dem kommenden Dienstag kein klarer Sieger bei den Demokraten auszumachen ist - zumal mit Virginia, Ohio, Pennsylvania und Texas auch noch einige Schwergewichte nicht am Super Tuesday mit von der Partie sind.

Bei den Republikanern stehen die Chancen seit gestern deutlich besser, dass der kommende Dienstag die Entscheidung bringt. Mit dem Sieg von Florida im Rücken und Rudy Giuliani aus dem Rennen (und vielleicht sogar auf seiner Seite, wie man hört), hat John McCain exzellente Chancen, beim Super Tuesday gehörig abzuräumen. In Kalifornien, New York und New Jersey stehen drei große Brocken mit vielen moderaten Republikanern auf dem Programm und auch sein Heimatstaat Arizona stellt mit 53 Delegierten eine gehörige Truppe auf der Convention. Romneys Heimatstaat Massachusetts stellt dagegen nur 43 und gehört auch noch zu den wenigen Staaten bei den Republikanern, die ihre Delegierten anteilig verteilen. Chancen könnte Romney in Illinois und Wisconsin haben, im benachbarten Michigan hat er McCain ja schlagen können. Allerdings vergibt Illinois noch nicht seine 70 Delegierten, sondern veranstaltet einen so genannten "beauty contest", eine nicht bindende Vorwahl. Die Delegierten werden später auf einem Parteikongress gewählt. Den Süden, der McCain eher skeptisch gegenübersteht, bearbeitet Mike Huckabee schon seit Tagen intensiv - auch hier dürfte es für Romney schwer werden, Siege zu landen. Schwierig einzuschätzen ist die Wirkung der finanziellen Lufthoheit, die Romney immer noch hat. Bei den Michigan primaries hatte er McCain und Huckabee im Bereich Fernsehwerbung um Größenordnungen überboten, in Florida hingegen hat dies nicht funktioniert. Aber das scheint mir die einzige Möglichkeit zu sein, wie es Romney packen könnte: die teuren Medienmärkte in New York und Kalifornien mit Werbung nur so zuzupflastern. Für Mike Huckabee geht es nicht mehr darum, die meisten Delegierten einzufahren - dieser Zug ist spätestens seit South Carolina abgefahren. Aber mit einigen Erfolgen in den Südstaaten kann er sich McCain als Vizepräsidentschaftskandidat geradezu aufdrängen. Das gilt umso mehr, wenn das Rennen zwischen McCain und Romney so knapp bleibt, dass Huckabee den Königsmacher spielen kann.
Allgemein kann man feststellen, dass diese Vorwahl-Saison jetzt schon historische Dimensionen angenommen hat. Zu diesem Zeitpunkt noch sechs einigermaßen aussichtsreiche Kandidaten im Rennen zu haben - da muss man schon weit in die Geschichte zurückschauen, um so ein Szenario zu finden. Der teuerste Vorwahlkampf in der US-Geschichte dürfte es ohnehin schon jetzt sein.

Sunshine Stage REVIEW: Die Ergebnisse

Nachdem mittlerweile 99% der Stimmbezirke ausgezählt sind, hier die Ergebnisse von Florida (Quelle: Washington Post, eigene Berechnungen)

Demokraten:
Hillary Clinton: 856.944 (49,68%)
Barack Obama: 568.930 (32,98%)
John Edwards: 248.575 (14,41%)
Sonstige: 50.406 (2,92%*)

Republikaner:
John McCain: 693.425 (36,01%)
Mitt Romney: 598.152 (31,06%)
Rudy Giuliani: 281.755 (14,63%)
Mike Huckabee: 259.703 (13,49%)
Ron Paul: 62.060 (3,22%)
Fred Thompson: 22.287 (1,16%)
Sonstige: 8.346 (0,43%)

Die Zahl der Wählerinnen und Wähler lag bei den Republikanern mit über 1,9 Mio. etwas höher als bei den Demokraten mit 1,7 Mio., was angesichts des nicht stattgefundenen Wahlkampfs bei den Demokraten wenig wundert. Obwohl es um nichts ging, stellte die Wahlbeteiligung einen neuen Rekord dar: Der bisherige Rekord aus dem Jahr 1988 waren 1,2 Millionen, was auch in etwa der Gesamteinwohnerzahl New Hampshires entspricht. Und so verwundert es auch nicht, dass in Florida fast genauso viele Demokraten an der Urne waren wie in allen bisherigen Vorwahlen zusammen. Bei den Republikanern waren es sogar über 16% mehr - deren bisherige Vorwahlen waren auch deutlich schlechter besucht.



* Hiervon 0,31% für Mike Gravel, den vierten verbliebenen Kandidaten im Feld - der Rest ging an bereits zurückgezogene Kandidaturen, dier aber dennoch auf dem Wahlzettel standen und allesamt besser abschnitten als Gravel

Sunshine Stage LIVE: Los gehts

MEZ 1:15
CNN hat die ersten Zahlen. Bei den Demokraten Clinton über 50%, bei den Republikanern liegt Romney vor McCain, Huckabee und Giuliani...aber alles noch sehr vorläufig...mal sehen, was die Exit Polls sagen
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MEZ 1:38
Sollten die Meinungsforscher erstmals richtig gelegen haben? Mittlerweile sind 5% ausgezählt und es wird wohl wirklich ein Kopf-an Kopf-Rennen zwischen Romney und McCain, Giuliani momentan abgeschlagen auf Platz 3. Es dürfte also ein langer Abend werden. Da Florida in zwei Zeitzonen liegt, ist der größte Teil der Wahllokale bereits geschlossen, in den westlichen Bezirken kann aber noch bis MEZ 2:00 Uhr gewählt werden.
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MEZ 1:46
Bei den Demokraten bewegt sich wenig: Clinton 52 Prozent, Obama 29, Edwards 16. Würde es dabei bleiben, wäre das eine gute Nachricht für John Edwards: Er hätte die 15 Prozent übersprungen. Sollten die Delegierten Floridas doch noch zugelassen werden, bekämer er also auch welche ab...so um die 25 Delegierte wären das immerhin.
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MEZ 1:49
Auf der anderen Seite bewegt sich was: Es sind 10% der Bezirke ausgezählt und John McCain liegt vier Prozentpunkte vorn. In Stimmen: 130.546 zu 118.544 (Romney), 69.353 (Giuliani) und 48.905 (Huckabee). Ron Paul liegt bisher bei 3% (11.806 Stimmen).
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MEZ 2:00
CNN erklärt Hillary Clinton zur Siegerin bei den Demokraten. Mittlerweile hat sie allerdings "nur" 48%, Obama folgt mit 30%, Edwards liegt mit 14% auf Platz 3.
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MEZ 2:03
Die Exit Polls sind da. Danach gewinnt McCain sowohl bei den männlichen als auch bei den weiblichen Wählern und liegt insgesamt bei 33,7% gegenüber 31% von Romney. Giuliani liegt mit 15,4% knapp vor Huckabee mit 15%. Das liegt aber beides im Bereich der Fehlertoleranz. Einigermaßen sicher kann man also nur sagen, dass McCain und Romney um Platz 1 und Giuliani und Huckabee um Platz 3 kämpfen. Die Umfragen waren also deutlich besser als bei den letzten Vorwahlen.
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MEZ 2:08
Bemerkenswert ist das Abstimmungsverhalten der Cuban Americans (6% der Wähler): McCain (50%) vor Giuliani (34) und Romney (10). Das weicht doch erheblich ab.
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MEZ 2:14
Es wird wieder knapper bei den Republikanern: McCain führt noch mit einem Prozentpunkt auf Romney, auch Giuliani nur noch einen Prozentpunkt vor Huckabee.
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MEZ 2:17
Bei CNN ist man sich einig: Giuliani wird aus dem Rennen aussteigen und McCain unterstützen, vielleicht schon vor der Debatte in Kalifornien morgen abend. Giuliani wäre am Super Tuesday sicher eine große Hilfe in Kalifornien, New York und New Jersey.
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MEZ 2:35
Hillary Clinton macht sich bereit, ihren Sieg zu verkünden. Auch wenn sie damit vorerst keine Delegierten vergibt: Allein die Bilder einer Siegesfeier werden ihr ein wenig helfen.
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MEZ 2:44
Zunächst spricht aber erst einmal Clintons Kollege, Sen. Bill Nelson (D-FL) und unterstreicht an dieser Stelle, dass er Clinton als Kandidatin unterstützt. Nach einer erfreulich kurzen Ansprache übergibt er das Mikrofon der Kandidatin.
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MEZ 2:56
Mike Huckabee befindet sich bereits in Missouri. Er fokussiert sich bereits ganz auf die Südstaaten-Vorwahlen am Super Tuesday. Bezüglich der Ergebnisse von Florida verweist er darauf, dass er ja vor zwei Monaten noch völlig abgeschrieben war und dass er am kommenden Dienstag einige Staaten gewinnen wird. Also relativ unoriginell. Zur republikanischen Kalifornien-Debatte meint er: "I will be on the stage tomorrow night. I don't know if everybody will, but I will." Seitenhieb auf Rudy Giuliani?
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MEZ 3:01
Auf die Aussage, er wünschte, er hätte für alle was zu essen dabei, erntet Mike Huckabee den Kommentar "Fried Chicken". Dies bezog sich auf eine amüsante Auseinandersetzung mit Mitt Romney. Dieser hatte am Rande einer Wahlkampfveranstaltung ein fritiertes Huhn bestellt und dann die Haut abgezogen...und das geht im Süden nun wirklich nicht. Darüber machte sich nun wieder Huckabee lustig, der zwar selbst im Rahmen seiner Diät das Essen von fritiertem Geflügel aufgegeben hat, aber zumindest noch wisse, dass die Haut das beste daran sei und man im Süden deshalb das Huhn mit Haut isst. Alles ganz amüsant - vorausgesetzt, man ist kein Huhn....oder Vegetarier.
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MEZ 3:09
Mittlerweile sind 54% bei den Republikanern ausgezählt und McCain liegt wieder 4 Prozentpunkte (52.000 Stimmen) vorn. Dennoch haben weder CNN noch NBC, ABC oder FOX McCain bisher zum Sieger erklärt. Und während ich das schreibe, tut CNN genau das: McCain gewinnt die Vorwahlen von Florida.
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MEZ 3:18
Auch AP erklärt McCain jetzt zum Sieger. ABC und FOX sind hingegen noch bei "too close to call". TIME verbreitet, es gäbe bereits einen Deal zwischen McCain und Giuliani über ein endorsement, das morgen verkündet werden soll. Bislang gibt es hierzu keine offiziellen Stellungnahmen.
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MEZ 3:20
Jetzt melden auch NBC, ABC und FOX McCain als Sieger. Giuliani tritt vor die Presse und zitiert "the great American philosopher 'Yogi Bear'": "It's not over 'til it's over". Er gratuliert John McCain zum Sieg und lobt ihn, Mitt Romney und Mike Huckabee "...and Ron Paul who won all the debates".
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MEZ 3:26
Noch ein O-Ton Giuliani: "The best way to achieve peace is through overwhelming strength." Da kann man mal sehen, was für eine Außenpolitik uns (hoffentlich) erspart bleibt.
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MEZ 3:29
Meine Güte, der produziert ja Sprüche am laufenden Band: "The Republican Party, the party of Lincoln, of Reagan....and of Bush". Auch wenn er nicht gesagt hat, welchen Bush er meinte, dürften da heute wohl zwei Leute in ihren Gräbern rotieren: Lincoln, weil er ohnehin mit der republikanischen Partei von heute nicht mehr viel anfangen könnte und Reagan, weil Bush Jr. die Republikaner in die schwerste Krise seit 60 Jahren gestürzt hat. Soweit zu Giuliani, jetzt ist Mitt Romney dran.
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MEZ 3:33
Romney hält zunächst einen Vortrag über die Großartigkeit der USA und ihrer Ursachen um anschließend die Herausforderungen der Zukunft aufzuzählen. Er hält im Grunde die selbe Rede, die er in den vergangenen Wochen überall in Florida gehalten hat - vielleicht sollte ihm mal jemand stecken, dass die Vorwahl vorbei ist. Es ist echt unglaublich - der hält da einfach eine 0815-Wahlkampfrede von der republikanischen Stange - Familien, Werte, Militär, Bush - als wär nix gewesen. Nich mal die übliche "Heute war es nur Silber, aber am nächsten Dienstag holen wir wieder Gold"-Litanei. Dabei hätte ich durchaus gewisse Beträge gewettet, dass das kommt.
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MEZ 3:50
Jetzt spricht der Sieger des Abends: John McCain. Mit ihm auf der Bühne ist der Gouverneur von Florida, Charlie Christ, der ihn erst vor ein paar Tagen öffentlich unterstützte. Er verweist noch einmal deutlich darauf, dass das heute ein closed primary war - also nur Republikaner mitwählen durften. Das ist in der Tat bemerkenswert, hatten ihm doch bei den bisherigen Vorwahlen die Unabhängigen erheblich geholfen. McCain selbst lebte übrigens einige Zeit in Florida - er war in der Air Force Base in Pensacola stationiert. Er bedankte sich auch bei den dortigen Einwohnern, die sich um seine Familie gekümmert hatten, als einer seiner Einsätze "länger als erwartet dauerte". McCain verbrachte 1967 bis 1973 in vietnamesischer Kriegsgefangenschaft. Ausdrücklich bedankt sich McCain bei Mike Huckabee für "something we don't always have enough in this campaigns: good humour and grace".
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MEZ 4:04
So, mit John McCain hat nun der letzte Hauptakteur gesprochen. Obama und Edwards werden den Teufel tun, Clintons halben Sieg noch mit eigenen Stellungnahmen aufzuwerten. Im übrigen liegt Edwards mittlerweile bei 14%, d.h. selbst wenn Floridas Delegierte am Ende doch zählen, wird er davon keine abkriegen. Nach gegenwärtigem Stand würden die sich dann etwa 110 zu 75 auf Clinton und Obama verteilen.
Vorausgesetzt Giuliani zieht sich wirklich zurück, haben wir es am Super Tuesday mit einem "Dreikampf mit Zusatzzahl" (Gravel und Paul) in beiden Parteien zu tun. Wer sich ausblickend schon einmal informieren möchte, wie irrsinnig kompliziert eine Vorhersage des Super Tuesday ist, kann dies hier tun.
"Die Oper ist erst zu Ende, wenn die dicke Dame singt." In diesem Sinne werde ich jetzt eine Montserrat-Caballé-CD auflegen und mich verabschieden...bis die Tage.
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MEZ 4:08
Ach, na eins hab ich noch. Schließlich sollen ja auch die Video-Fans auf ihre Kosten kommen. Der Erfolg McCains dürfte den Demokraten eher Kopfschmerzen bereiten: Die Attraktivität des Senators bei Unabhängigen und konservativen Demokraten macht ihn zum am schwersten zu schlagenden Republikaner im Feld. Das weiss auch McCain und verleiht sich selbst den Titel "The Democrats worst nightmare":

Sunshine Stage LIVE: Das Vorspiel

Die heutigen Vorwahlen in Florida versprechen einen, insbesondere auf Seiten der Republikaner, sehr spannenden Abend. Daher gibt es heute den ersten Versuch eines Live-Bloggings. Auch wenn die meisten von euch das sicher erst morgen früh lesen werden, könnte das spannend werden, insbesondere wenn die Führung mehrfach wechselt.

Die Ausgangslage bei den Demokraten ist recht übersichtlich. Aufgrund des Verstoßes gegen den von der Partei aufgestellten Terminkalender sind Florida alle Delegierten gestrichen werden. Außerdem haben alle Kandidaten versprochen, in Florida keinen Wahlkampf zu betreiben - Hillary Clinton hats aber dennoch getan. Sie versucht auch mit allen Mitteln, die Bedeutung dieser an sich folgenlosen Vorwahl aufzublasen - kein Wunder, liegt sie doch deutlich vor Barack Obama. Aber auch deshalb wird ein Clinton-Sieg kaum für Schlagzeilen sorgen (sofern es nicht ein echter Erdrutsch wird), zumal die Republikaner alles überstrahlen dürften.

Bei denen geht nämlich richtig der Redneck ab: Gleich vier Kandidaten balgen sich um die vorderen Plätze. John McCain und Mitt Romney liegen in den Umfragen Kopf an Kopf in Führung mit komfortablem Vorsprung vor Mike Huckabee und Rudy Giuliani, die sich um die Plätze drei und vier streiten werden. Für Giuliani dürfte allerdings auch ein dritter Platz das spektakuläre Ende seiner Kandidatur bedeuten.
Das Duell zwischen McCain und Romney gestaltete sich in den vergangenen Tagen auch zunehmend hässlich. So sah sich Romney mit sogenannten "robo calls", also einer elektronischen Telefonkampagne gegen sich konfrontiert. So wurde ihm vorgeworfen, sich für einen geheimen Rückzugsplan im Irak ausgesprochen hat - für einen Republikaner starker Tobak. Im Gegensatz zu den Demokraten gibt's für die Republikaner übrigens auch Delegierte und zwar deren 57, die sämtlich an den Sieger gehen. Wer immer also heute gewinnt, geht als Spitzenreiter in den Super Tuesday in einer Woche.
Noch eineinhalb Stunden bis zur Schließung der Wahllokale: Der Countdown läuft.
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MEZ 00:54
Da ja noch etwas Zeit ist, bevor es richtig losgeht, noch einen kurzen Blick auf ein Ereignis, das mit den Präsidentschaftswahlen eher mittelbar zu tun hat. Präsident Bush hat vor dem Kongress gestern seine letzte "State of the Union Adress" gehalten. In diesem jährlichen Event stellt der Präsident dem Kongress und der Öffentlichkeit die Leitlinien seiner Politik vor. Die Rede selbst war diesmal recht unspektakulär, eine Initiative gegen sogenanntes "pork barrel spending" war schon das Bemerkenswerteste. Hinter dem Begriff "pork barrel" verbirgt sich die Praxis, Projekte, die außer dem Wahlkreis bestimmter Abgeordneter niemandem wirklich nützen, in anderen Gesetzen zu verpacken, nachdem diese im Kongress verabschiedet wurden. Somit können einflussreiche Abgeordnete am Kongress vorbei Staatsgelder in ihren Wahlkreis umleiten. Im Wahlkampf können sie dann wieder damit werben, viel Geld in ihre Region geschafft zu haben. Besondere Berühmtheit erlangte hierbei Sen. Ted Stevens (R-AK), u.a. mit der Unterstützung der "Bridges to Nowhere" in Alaska. Und dagegen will Bush jetzt stärker vorgehen - sehr originell ist das nicht.
Mehr Aufmerksamkeit erlangten da schon einige der anwesenden Präsidentschaftskandidaten (wie auch der großartige Klaus Stuttmann in einer schönen Karikatur verewigte). So wurde die Frage diskutiert, warum Obama Clinton nicht die Hand gegeben hat. Naja, so ist das eben, wenn man in aufgeregten Zeiten wenig echte Nachrichten. hat...da muss man sich eben was suchen.
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Sonntag, 27. Januar 2008

Ausgleich

In der letzten Nacht hat Barack Obama die demokratischen Vorwahlen von South Carolina klar gewonnen und ist damit mit Hillary Clinton gleichgezogen. Vernachlässigt man die irregulären Vorwahlen von Michigan, kommen nun beide auf zwei gewonnene Vorwahlen. Von diesen vier Vowahlen war South Carolina allerdings nicht nur die größte, sondern auch die, deren Sieger den größten Vorsprung herausholen konnte. Die vorläufigen Zahlen der South Carolina Democratic Party:

Barack Obama: 295.214 (55,44%)
Hillary Clinton: 141.217 (26,52%)
John Edwards: 93.576 (17,57%)
Bill Richardson: 727 (0,14%)
Joe Biden: 694 (0,13%)
Dennis Kucinich: 552 (0,1%)
Chris Dodd: 247 (0,046%)
Mike Gravel: 241 (0,045%)

Fast dreißig Prozentpunkte Vorsprung konnte Obama gegenüber Clinton herausholen. Das war mal wieder eine zünftige Überraschung, lag es doch deutlich über allem, was im Vorfeld an Umfragen veröffentlicht wurde. Aber das kennen wir ja bereits. Es schaut also so aus, als hätte Obamas Stärke bei den Afroamerikanern voll durchgeschlagen. Ein Blick in die Exit Polls zeigt es dann auch deutlich: Bei den Afroamerikanern konnte er Clinton mit 78 zu 19 Prozent schlagen, bei den Weißen lag er mit 24 zu 36 Prozent hinten (John Edwards holte hier mit 40 Prozent den größten Anteil). Bemerkenswert ist auch, dass 55% der Wählerinnen und Wähler Afroamerikaner waren, damit war dieser Anteil noch höher, als im Vorfeld ohnehin erwartet wurde. Interessant ist der Blick auf die Gruppe der afroamerikanischen Frauen: Bislang hatten Frauen ja wesentlich stärker Clinton gewählt als Männer. Es stellte sich also die Frage "does race trump gender or does gender trump race". Ersteres war der Fall: Bei den afroamerikanischen Frauen schnitt Obama nur geringfügig schlechter ab als bei den Männern (78 zu 80 Prozent). Bei den Weißen hingegen gibt es einen deutlichen Geschlechterunterschied. Bei den Männern führt Edwards (45%) deutlich vor Clinton (28%), die kaum Vorsprung auf Obama (27%) hat . Be den Frauen hingegen liegt Clinton (42%) deutlich vor Edwards (36%) und Obama (22%). Auch ein Blick auf die Altergruppen ist interessant: So konnte Obama bis hinauf in die Gruppe der 50-64jährigen über 50% der Wählerinnen und Wähler überzeugen, erst bei der Gruppe 65+ liegt Clinton leicht vorn. Bei den unter 50-jährigen liegt Obama sogar bei über 60%.
Was will uns dies alles sagen: Zunächst einmal, dass Obama in einem Bundesstaat, der quasi wie für ihn gemacht ist, das Maximum herausgeholt hat. Eine derart günstige Ausgangslage wird er am Super Tuesday nur noch in Georgia vorfinden. In den anderen Staaten sieht es gegenwärtig etwas schwierig aus, zumal es der Clinton-Kampagne erfolgreich gelungen ist, diesen Triumph Obamas kleinzu"spinnen"*. Aber er hat der demokratischen Partei gezeigt, was sie an ihm hat - einen Kandidaten, der junge, farbige und unabhängige Wähler enorm ansprechen kann. Darauf können die Demokraten nicht ernsthaft verzichten, wenn sie z.B. gegen John McCain in den Wahlkampf müssen (wofür momentan manches spricht). Von daher könnte der "Super Tuesday" soch nicht so entscheidend sein, wie bislang angenommen. Dort werden zwar weit über ein Drittel aller Delegierten vergeben, dies allerdings in der Regel nach dem Verhältnisprinzip: Selbst wenn also Clinton alle Staaten knapp gewinnen sollte, kann es sein, dass sie am 6. Februar immer noch weit von der Mehrheit entfernt ist. Und so ist es auch kein Zufall, dass sie bereits fordert, die Delegierten Michigans und Floridas zur Convention zuzulassen. Es könnte am Ende ein knappes Ding werden oder gar eine "brokered convention". Und dann zählen nicht mehr die Vorwahl-Ergebnisse, sondern der überzeugende Auftritt auf der Convention und die Frage, wer den republikanischen Gegner am ehesten schlagen kann.

Wer das sein wird, die Antwort auf diese Frage könnte am kommenden Dienstag deutlich klarer werden. Die Umfragen sagen in Florida zwei Zweikämpfe voraus: Einen um den Sieg zwischen John McCain und Mitt Romney sowie einen um Platz drei zwischen Rudy Giuliani und Mike Huckabee. Bleibt es dabei, dürfte das Rennen für Rudy Giuliani einigermaßen zu Ende sein. Er hat seit Wochen verkündet, er würde die Staaten zu Beginn auslassen und sich voll auf Florida konzentrieren. Reicht es dann aber dort nicht einmal für einen guten zweiten Platz, kommt er in gewisse Erklärungsnöte, zumal Umfragen mittlerweile selbst in New York ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit McCain voraussagen. Für Huckabee wäre ein dritter Platz vor Giuliani eine nette Trophäe, aber auch nicht viel mehr. Bei dem Zweikampf McCain-Romney geht es hingegen um einiges: Zunächst einmal um die 57 Florida-Delegierten (die komplett an den Sieger gehen) und damit auch um die Führung im republikanischen Feld. Aber auch um ganz ordentlichen Schwung für den Super Tuesday. Den hat vor allem John McCain sehr nötig, denn finanziell kann er momentan mit Romney noch nicht mithalten. Da trifft es sich für McCain gut, dass er gestern die Unterstützung von Floridas beliebtem Gouverneur Charlie Christ bekam.
Und schließlich ist noch ein Abgang zu vermelden: Dennis Kucinich hat vor zwei Tagen das Rennen verlassen, vermutlich, um sich auf seine Wiederwahl als Kongressabgeordneter zu konzentrieren. Dabei wären schlechte Ergebnisse beim Super Tuesday sicher nicht hilfreich. Auch wenn seine Anwesenheit bei den Debatten zweifelsfrei eine Bereicherung des Spektrums der Demokraten waren, gelang es ihm weder in den Vorwahlen noch bei den Spenden, besonders aufzufallen. Und das trotz der hochkarätigen Starpower, die er als Unterstützung aufzubieten hatte:



* Hat nix mit achtbeinigen Wirbellosen zu tun, sondern mit dem englischen Verb "to spin", also dem geschickten Hin- und Herdrehen der Tatsachen.

Dienstag, 22. Januar 2008

Aus, aus, aus, das Spiel ist aus....

...für Fred Thompson. Der "southern boy" hat heute nachgeholt, womit manche Beobachter bereits Samstagnacht gerechnet hatten: Er zog seine Kandidatur zurück! Damit sind auf republikanischer Seite noch vier aussichtsreiche Kandidaten im Rennen. Am meisten dürfte sich Mike Huckabee über diese Nachricht gefreut haben, hatte Thompson ihm doch in South Carolina etliche konservative Wähler abspenstig gemacht und damit John McCain zum Sieg verholfen. Davor muss sich der Prediger a.D. jetzt in den anderen Südstaaten nicht mehr fürchten und damit stehen die Chancen gut, dass er am Super Tuesday in Alabama, Georgia, Tennessee, Oklahoma, Missouri und natürlich seinem Heimatstaat Arkansas sein Delegiertenkonto ordentlich auffüllen kann. Zum Vergleich: In diesen sechs Staaten haben die Republikaner 286 Delegierte zu vergeben - mehr als Kalifornien und New York zusammen. Und dann kommt Anfang März mit Texas noch ein richtig dicker Brocken: 137 Delegierte - und auch hier führt Huckabee in den Umfragen.
Das stellt insbesondere für John McCain ein besonderes Problem dar: Solange die Gefahr besteht, dass Giuliani New York und/oder Kalifornien holt, kann er Huckabee keinen Durchmarsch im Süden erlauben. Je stärker er sich allerdings auf die Wahlkämpfe im Süden konzentriert, desto größer ist das Risiko, dass Mitt Romney und Rudy Giuliani den Norden und Westen unter sich aufteilen. Und auch wenn McCains Finanzlage durch die Erfolge deutlich entspannter geworden ist: Um mit Romney und Giuliani überall mitzuhalten, reicht es bei weitem nicht. Ein klarer Sieg über die beiden (und Huckabee) in Florida wäre also höchst willkommen. Auch wenn Florida aufgrund des frühen Termins vermutlich nur die Hälfte der ihm eigentlich zustehenden Delegierten schicken darf, sind das immer noch 57. Es bleibt also spannend - auch ohne Thompson.
Und auch wenn ich sicher bin, dass die Jungs von Red State Update Thompsons Rückzug noch angemessen würdigen werden, hier noch ein kleines Stück vom Tage seiner Kandidaturerklärung bei Jay Leno:

Lets get ready to rumble....

Gestern abend fand in Myrtle Beach, SC mal wieder eine Fernsehdebatte des Kandidatentrios der Demokraten - diesmal veranstaltet von CNN und dem Congressional Black Caucus - statt. Der Termin war nicht zufällig gewählt: gestern war MLK-day, ein nationaler Feiertag zum Andenken an Martin Luther King. Und so zog sich das Thema der Diskriminierung der afroamerikanischen Bevölkerung wie ein roter Faden durch die Diskussion, z.B. im Zusammenhang mit der aktuellen Hyptothekenkrise.
Aber nicht die Themen und Konzepte werden von der gestrigen Nacht in Erinnerung bleiben, sondern ein bislang nicht da gewesenes Maß an Konfrontation zwischen Hillary Clinton und Barack Obama. Die Palette der Vorwürfe war breit: Viel war von schlechtem Stil die Rede, Clinton warf Obama vor, sich in vielen Abstimmungen in Illinois enthalten zu haben, worauf Obama erlärte, das wäre in Illinois nicht unüblich, wenn man rechtliche Bedenken gegen ein Gesetz habe, dass man der Sache nach unterstütze. Damit wiederum handelte er sich von der New Yorkerin den Vorwurf ein, nicht zu seinem eigenen Abstimmungsverhalten zu stehen. Schließlich warfen sie sich gegenseitig vor, in ihrer Tätigkeit als Anwälte irgendwelche Schweinepriester vertreten zu haben...alles aus der Ferne gesehen irgendwie amüsant, aber Howard Dean, der anwesende Vorsitzende der Demokratischen Partei dürfte einen unerfreulichen Abend gehabt haben.
Angenehmer war die Angelegenheit da schon für John Edwards. Er ließ die Streithähne sich austoben und gab danach den Schiedsrichter, wobei er natürlich eine glänzende Figur abgab. Eine komfortablere Situation für ihn war schließlich kaum vorstellbar:



Auffallend war übrigens, dass er sich deutlich öfter auf Hillary Clintons Seite stellte, was einige Spekulationen nach sich zog. Denn auch Hillary geht deutlich freundlicher mit Edwards um, als noch vor ein paar Monaten. CNN berichtet von einem privaten Treffen von Edwards und Clinton nach der Debatte, das allerdings von Mitarbeitern als nicht ungewöhnlich bezeichnet wurde. Nun ja, wir werden sehen.
Die ganze Debatte gibts zum ansehen bei YouDecide. Wer es lieber lesen will: Das Transkript hat die Washington Post.

Vor dem Hintergrund dessen nehmen sich die Republikaner richtiggehend brav aus. Lediglich Mike Huckabees Wahlkampfhelfer Chuck Norris stänkerte ein wenig gegen John McCain:



Da war er bei John McCain, der trotz seines biologischen Alters fitter daherkommt, als die meisten seiner Mitbewerber, aber genau an den richtigen geraten. Sein Kommentar: "I'm afraid I may have to send my 95-year-old mother and wash Chuck's mouth out with soap."
Dass das keine leere Drohung ist, zeigt das folgende launige Interview von Mutter und Sohn McCain mit Chris Matthews bei MSNBC's "Hardball":

Sonntag, 20. Januar 2008

Crunching the numbers: Nevada (D,R) und South Carolina (R)

Hier noch die Zahlen von Nevada und South Carolina. Zunächst Nevada (Quelle: CNN, eigene Berechnungen):

Demokraten (98%):
Hillary Clinton: 5.355 (50,7%)
Barack Obama: 4.773 (45,2%)
John Edwards: 396 (3,75%)
Uncommitted: 31 (0,29%)
Dennis Kucinich: 5 (0,05%)

Republikaner:
Mitt Romney: 22.649 (51,1%)
Ron Paul: 6.087 (13,73%)
John McCain: 5.651 (12,75%)
Mike Huckabee: 3.616 (8,16%)
Fred Thompson: 3.521 (7,94%)
Rudy Giuliani: 1.910 (4,31%)
Duncan Hunter: 890 (2,01%)

Hierbei sei noch eines klargestellt. Die absoluten Zahlen bei den Republikanern sind tatsächlich die abgegebenen Stimmen. An den republikanischen Vorwahlen haben sich also satte 44.324 Wählerinnen und Wähler beteiligt, das entspricht etwa 10% der Mitglieder. An den Vorwahlen der Demokraten haben sich nach Parteiangaben über 100.000 Wählerinnen und Wähler beteiligt, das entspricht etwa einem Viertel der Parteimitglieder und stellt einen Rekord dar. Dass die absoluten Zahlen so niedrig ausfallen, liegt daran, dass die Demokraten nicht die abgegebenen Stimmen, sondern die gewonnenen Delegierten auf Staats- und Bezirksebene veröffentlicht haben. Ohnehin ist das Verfahren der Delegiertenzuteilung bei den Demokraten wieder einmal ziemlich konfus und - im Gegensatz zu Iowa - diesmal sogar heftig umstritten. Je nach Zählweise kann man nämlich auf das Ergebnis kommen, dass Clinton zwar eigentlich gewonnen hat, am Ende aber weniger Delegierte zur Convention bekommt, als Obama.


Die Ergebnisse in South Carolina (Quelle: CNN, eigene Berechnungen):

Republikaner (97%):
John McCain: 143.224 (33,24%)
Mike Huckabee: 128.908 (29,91%)
Fred Thompson: 67.897 (15,76%)
Mitt Romney: 64.970 (15,08%)
Ron Paul: 15.773 (3,66%)
Rudy Giuliani: 9.112 (2,11%)
Duncan Hunter: 1.035 (0,24%)

Oh what a night...

Die Republikaner liefern sich ja bislang ein ziemlich unterhaltsames Vorwahlrennen, einen echten Krimi, wie ihn die Demokraten in New Hampshire ablieferten, gab es dort allerdings bislang nicht. Bis gestern. Die Vorwahlen in South Carolina lieferten ein dermaßen enges Rennen, dass sich trotz ziemlich klarer Ergebnisse in den Exit Polls die Fernsehsender erst sehr spät entschlossen, John McCain zum Sieger zu erkären. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt (97% Auszählung) beträgt sein Vorsprung auf Mike Huckabee etwa drei Prozentpunkte. Eine Karte, auf der die Hochburgen der Spitzenreiter gut zu sehen sind, hat die New York Times. So konnte Huckabee vor allem im "Bibelgürtel" im Norden South Carolinas punkten, während McCain, wie schon vor 8 Jahren, vor allem an der Atlantikküste, aber auch im Zentrum, erfolgreich war. Hier leben viele "Zugereiste", also Rentner aus dem Norden sowie Militär-(v.a. Marine-)Angehörige sowie Unabhängige. Diese Gruppen waren eine feste Bank für den Ex-Navy-Offizier in diesem Staat, der eigentlich nicht unbedingt freudliches Territorium für McCain darstellt. 2000 scheiterte hier sein Versuch, den texanischen Gouverneur Bush herauszufordern, nachdem Gerüchte aufgekommen waren, sein Adoptivkind aus Asien sei in Wirklichkeit ein uneheliches Kind des Senators mit einer Farbigen. Dem Bush-Camp konnte nie nachgewiesen werden, dass sie hinter diesem Gerücht steckten. Und so hatte der Erfolg von gestern nacht auch etwas versöhnliches für McCain und South Carolina:



Auch Mike Huckebees Bemerkung, er danke McCain für einen zivilisierten und anständigen Wahlkampf wurde als Seitenhieb nicht nur auf seine Konkurrenten Mitt Romney und Fred Thompson, sondern auch auf George W. Bush verstanden.
Apropos Romney und Thompson: Die beiden teilten sich die Plätze drei und vier. Zwar konnte Thompson sich um Haaresbreite den dritten Platz sichern, allerdings ist das für den Ex-Senator aus dem benachbarten Tennessee deutlich zu wenig. Zumal er sich direkt nach Iowa mit der Ansage aus den weiteren Vorwahlen verabschiedet hatte, er würde sich auf South Carolina konzentrieren, diese Vorwahl sei für ihn die alles entscheidende. Ein knapper zweiter Platz wäre sicher noch erträglich gewesen, ein entfernter dritter dürfte ihn allerdings aus dem Rennen werfen. Möglicherweise, so spekulierten gestern einige Kommentatoren, bleibt er aber auch im Rennen, um Mike Huckabee Stimmen abzunehmen und seinem Freund John McCain damit in Florida und am Super Tuesday zu helfen. In South Carolina hatte dies ja "funktioniert" - Huckabee konnte in seinen Hochburgen nicht genug Stimmen sammeln, um die Verluste an der Küste auszugleichen - vor allem, weil auch Thompson im "bible belt" stark war. Jedenfalls hat Fred Thompson seinen Rücktritt bislang nicht verkündet - im Gegensatz zu Duncan Hunter. Der kalifornische Abgeordnete, der noch vor kurzem rumpolterte, nicht die Medien, sondern er würde entscheiden, wann seine Kandidatur vorüber sei, sah nun den Moment gekommen. Hierbei war wohl weniger das Ergebnis von South Carolina (deutlich letzter), als mehr das in Nevada, einem Nachbarstaat Kaliforniens (deutlich letzter, womit mir großartigerweise das Schnitzel erspart bleibt) entscheidend. Hunter stellte fest, er sähe "kein Licht" in seiner Kampagne.
Die Exit Polls scheinen auf den ersten Blick unspektakulär: Huckabee liegt bei den Evangelikalen, den ärmeren, den jüngeren vorn, während McCain bei den älteren, wohlhabenderen und vor allem den Militärangehörigen punktet. Einen näheren Blick möchte ich auf das Kriterium der sogenannten "Kirchgangshäufigkeit" richten. Hier konnte Huckabee McCain lediglich bei einer Gruppe schlagen: bei denen, die mehr als einmal die Woche die Kirche besuchen. In dieser Gruppe, die etwa ein Drittel der Wähler ausmachte*, liegt Huckabee mit fast 30 Prozentpunkten vorn. Bereits bei denen, die "nur" einmal wöchentlich die Kirche besuchen, liegt McCain knapp vorn. Dieser Vorsprung steigert sich und so liegt Huckabee bei den 6%, die gar nicht zur Kirche gehen, mit 6% zustimmung gleichauf mit Rudy Giuliani auf Platz 5, während McCain mit 50% führt. Fazit: Mike Huckabee hat eine unglaublich feste Basis bei den Evangelikalen, einer der drei Säulen der "Reagan coalition". Genauso groß sind allerdings auch seine Probleme außerhalb dieser Gemeinschaft, selbst in strukturkonservativen Staaten. Will er mehr als ein überraschender Außenseiter sein, muss er an der Stelle was tun - es gibt nicht viele Staaten, die ihm von der Bevölkerungsstruktur so entgegenkommen wie South Carolina.

Zum Abschluss noch Video. Diesmal nicht die Siegesansprache, die war, vom Anfang abgesehen, mal wieder eher Durchschnitt. Statt dessen gibts die Reaktion von Fred Thompson, der als erster der Kandidaten sprach. Das Stück ist etwas lang, aber es lohnt sich: Wer schon immer mal Keith Olbermann sprach- und Chris Matthews fassungslos erleben wollte, hat hier die Chance. Außerdem könnte es ja durchaus eine der letzten Ansprachen des einstigen Favoriten gewesen sein:



* Hierbei sei angemerkt, dass das freilich aus mehreren Gründen nicht repräsentativ für die Bevölkerung South Carolinas ist. Zunächst sind wir bei einer rein republikanischen Vorwahl, die auch noch bei ohnehin sehr schlechtem Wetter stattfand. Angesichts der Tatsache, dass Fundamentalisten ohnehin tendenziell politisch engagierter sind als Moderate, dürfte das zu einer erheblichen Überrepräsentation der radikalen Evangelikalen geführt haben.

Samstag, 19. Januar 2008

Die Würfel sind gefallen...

Heute fanden die Nevada Caucusses statt. In Nevada gilt die Pacific Standard Time, d.h. es ist dort 9 Stunden früher als bei uns. Da die Caucusses offenbar vormittags begannen, liegen die Ergebnisse weitestgehend vor. Die genauen Zahlen liefere ich nach, sobald die Auszählungen abgeschlossen sind.
Bei den Demokraten hat Hillary Clinton deutlich gewonnen. Barack Obama liegt gegenwärtig (88% Auszählung) sechs Prozentpunkte zurück, John Edwards weit abgeschlagen auf Platz 3. Angesichts der Tatsache, dass bis vor einigen Tagen die Umfragen ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den drei Demokraten vorhergesagt hatten, sind die 4%, die Edwards momentan hat, eine heftige Packung. Hier könnte, wie in Iowa bei Dodd, Biden und Richardson die 15-Prozent-Regel zugeschlagen haben, mal schauen, wie er darauf reagiert. Die Entrance Polls halten für Clinton eine gute und eine (möglicherweise auch für die demokratische Partei) schlechte Nachricht bereit: Die Senatorin konnte bei den Latinos, die zum ersten Mal in diesem Jahr eine wichtige Rolle spielen, deutlich punkten. Da diese Bevölkerungsgruppe auch in einigen wichtigen Super-Tuesday-Staaten, allen voran natürlich Kalifornien, eine wichtige Rolle spielen wird, ist das eine frohe Botschaft. Weniger froh dürfte sie das Ergebnis bei den Afroamerikanern stimmen. Diese stimmten mit über 80% für Obama, damit schnitt Clinton hier noch schlechter ab als in Michigan. Das ist nicht nur für die Senatorin selbst unerfreulich (demnächst gehts nach South Carolina, wo die Hälfte aller Demokraten Afroamerikaner sind), sondern dürfte auch den einen oder anderen Stirnrunzler bei der Führung der Demokraten verursachen: Will man 2008 erfolgreich sein, muss man Latinos und Afroamerikaner gleichermaßen ansprechen. Sollten sich beide Trends fortsetzen, könnte das Partei-Establishment versuchen, die beiden Spitzenreiter zu einer gemeinsamen Kandidatur zu bewegen. Das so etwas gelingen kann, haben die Republikaner 1980 bewiesen, als sie Ronald Reagan dazu bekamen, George H. W. Bush zu seinem "running mate" zu machen. Die beiden mochten sich gar nicht, wurden allerdings ein sehr erfolgreiches politisches Gespann. Aber ich schweife ab. Viel spannendes findet sich allerdings auch nicht in der Vorwahlbefragung, außer vielleicht dem Umstand, dass etwa die Hälfte der Wähler sich bereits vor über einem Monat (also vor Weihnachten) entschieden hatte, lediglich ein Viertel entschied sich im Verlaufe der Woche. Das weicht deutlich von den bisherigen Vorwahlen ab.
Nun steht Barack Obama unter Druck: Es steht 3:1 für Hillary Clinton und alle Welt erwartet einen Sieg des Senators nächste Woche in South Carolina. Gelingt ihm das, gehen Clinton und Obama eingermaßen gleichauf in den Super Tuesday. Scheitert er hingegen, könnte Clinton wohl nur noch ein Wunder stoppen.

Bei den Republikanern werden wir nicht so lange warten müssen, dort finden die South-Carolina-Vorwahlen noch heute nacht statt. Zunächst aber hat Mitt Romney erwartungsgemäß die Vorwahlen von Nevada gewonnen. Da sich in South Carolina John McCain, Mike Huckabee und Fred Thompson auf den Füßen stehen, hat sich der Ex-Manager eher auf Nevada konzentriert, wo das Gedrängel deutlich geringer war. Von daher war also weniger sein Sieg überraschend, als der Abstand zu seinen Verfolgern und deren Reihenfolger. So liegt sein unmittelbarer "Verfolger" fast 40 Prozentpunkte zurück und heißt gegenwärtig....Ron Paul. Der Abgeordnete aus Texas liefert sich einen engen Kampf um Platz zwei mit John McCain und wird laut CNN drei Delegierte aus Nevada mitnehmen - und damit seinen Delegiertenstand um 150% erhöhen. Mike Huckabee und Fred Thompson folgen auf den Plätzen 4 und 5, Rudy Giuliani und Duncan Hunter bilden - einmal mehr - das Ende der Liste. Das schlechte Abschneiden von McCain dürfte selbst die größten Umfrage-Skeptiker überrascht haben, war ihm doch im Vorfeld ein etwa doppelt so hoher Stimmenanteil vorhergesagt worden. Die Entrance Polls lesen sich recht monoton: Romney liegt bei Frauen wie bei Männern vorn, bei armen und reichen Wählern, er führt bei allen wichtigen Themen, bei Moderaten (hier allerdings ist der Abstand zu Ron Paul deutlich geringer) wie auch bei Konservativen. Auch bei den Republianern ist der Anteil der Wähler, die sich bereits vor über einem Monat festgelegt haben, relativ hoch, wenngleich nicht ganz so hoch wie bei den Demokraten. Das finde ich allerdings angesichts des Durcheinanders bei den Republikanern dennoch bemerkenswert. Nicht wirklich entscheidend, aber ein interessanter Randaspekt ist, dass die Mormonen nach den Protestanten die zweitgrößte religiöse Gruppe war und mit 95% für den Mormonen Romney gestimmt hat.
Was heißt das alles nun? Das hängt davon ab, wie die Vorwahlen in South Carolina ausgehen. Kann McCain dort gewinnen, ist er noch einmal mit einem blauen Auge davongekommen und kann mit der Siegesparada dort das schlechte Abschneiden in Nevada übertünchen. Verliert er aber auch in South Carolina, dürfte am Super Tuesday gegen die finanziell deutlich besser ausgestatteten Romney und Giuliani nichts zu bestellen sein. Wir werden sehen...

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